Kappenabend 2025

(Text & Bilder: Werner Kneipel)

Schon nach der allerersten Nummer des Abends war klar: Die neue Umgebung in der Bénazet-Tribüne kann die Stimmung der Iffezheimer Narren in keiner Weise trüben. Die Fanfaren bliesen und trommelten was das Zeug hielt und brachten den Saal in Sekundenschnelle auf Betriebstemperatur. Rüdiger Nold, der Chef des Obst- und Gartenbauvereins, war den besonderen Umständen entsprechend gewandet: im Renndress begrüßte er den vollen Saal und stimmte die gespannt lauschende bunte Schar auf einen heißen Ritt in die Nacht ein. Es ist ein seit Langem gepflegter Brauch, dass zwei prominente Moderatoren durch den Abend führen. Die erwartungsvoll gespannte Menge war vollkommen überrascht, dass sich zwei der Matadore des politischen Gemetzels wenige Stunden vor dem Finale der Bundestagswahl bereit erklärt hatten, gemeinsam (!), in Harmonie (!) und in friedlicher (!) Koalition durch das Programm zu führen. Andy Merkel als Friedrich „Fritze“ Merz und Simon Nold als Robert „die Wärmepumpe“ Habeck fanden die verbindenden Worte zwischen den einzelnen Auftritten in gewohnt souveräner Art.

Der Abend bot alles, was man von einem solchen fastnachtlichen Großereignis wie dem Kappenabend erwarten darf – am Ende waren es über fünf Stunden RambaZamba mit Wortwitz, Tanz und Klamauk. Die Minigarde des ICC tanzte sich diesmal wie „Konfetti im Wind“ in die Herzen des Publikums. Beim Anblick der über die Bühne wirbelnden „Zwerge“ braucht es einem um die Zukunft der Narretei in Iffezheim nicht bange zu sein. Zwei Omas mit Rollator bewiesen den amüsierten Zuschauern, das Technik und Alter sich nicht ausschließen müssen. Man muss die Dinge nur von der richtigen Seite aus betrachten und in verständlicher Sprache umsetzen – es lebe dabei der Iffzer Dialekt! Den beiden Omas folgte Roland Schäfer mit einem Solo, in dem er wenig Freud Freud und jede Menge Leid des männlichen Daseins aufzeigte. Zu seinem Leidwesen neigt sich die Waage immer mehr auf die Seite der Frauen, die die männlichen Bastionen und Gewissheiten doch gewaltig erschüttern.  Gaby Merkel musste diesmal auf ihr geliebtes Fenster verzichten, aus dem sie normalerweise die kleinen Unzulänglichkeiten des Iffzer Alltags aufs Korn genommen hatte. Aber der Stuhl, von dem sie ihre Beobachtungen dem Rest der Bevölkerung offenbarte, tat es dann auch sehr gut. Die Sänger des MGV knöpften sich unter anderem einen gewissen Iffezheimer Stukkateurmeister vor, dem ein weltweit einmaliges Kunststück gelang: mit seitenvertauschten Skistiefeln wedelte er fröhlich die Pisten hinunter, bis ihn der allmählich einsetzende Schmerz an den derart malträtierten Füßen und ein Freund auf den befremdlichen Umstand hinwies, dass die Schnallen seiner Stiefel nach innen zeigten… Irgendwie hatte er sich denn doch gewundert, dass ihm diesmal die Kurven nicht so gut gelangen, wie gewohnt. Die Vor- und Nachteile von fehlenden Geländern in allen Lebenslagen war in der Folge ebenso ein Thema. Wenn eine Mutter ihrem Sprössling offenbart: „Du bisch der Sohn vom Karlheinz“, so dient das keineswegs der endgültigen Klärung der verwandtschaftlichen Verhältnisse, wenn es mehrere dieser Karlheinze gibt. Dass die flotten Sänger in ihrer Zugabe natürlich das Loblied auf unseren schönen Ort zum Besten gaben, war vollkommen klar, denn es gilt nun mal: „Iffze isch prima und auch schön…!“.

Seit einiger Zeit freuen sich die Sänger des MGV über den Zulauf junger, singender Männer, die sich bei allen Anlässen in das Vereinsgeschahen einbringen. So auch am vergangenen Samstag: mit einer tollen Tanzeinlage zeigten sie der Narrenschar, wie es bei einem Ausflug zum Ballermann zugeht. Bunt gewandet, virtuos im Umgang mit Flaschen, teils akrobatisch aber stets gelenkig zeigten sich die Jungsänger des MGV dem begeisterten Publikum.  

Dass man sich nach 40 Jahren Ehe einiges zu sagen hat, zeigten Christine und Karlheinz Merkel. Schlagfertig (natürlich nur mit Worten!) und treffsicher flogen die Dialog-Spitzen hin und her – keiner kam dabei zu kurz und am Ende gewannen beide: nämlich die Herzen der Zuschauer. Wenn nur alle Kabbeleien und Streitereien auf dieser Welt  so friedlich und humorvoll verlaufen würden, wie diese. 

Einen Pfälzer in eine badische Blaskapelle integrieren zu wollen, scheint einerseits nicht einfach, andererseits aber immerhin möglich zu sein. Der Musikverein leistet hierbei offensichtlich und hörbar Beachtliches.  

„Sallis & Friends“ sind seit langer Zeit gern gesehene Gäste auf der Bühne des Kappenabends. Immer wieder überraschen sie mit phantasievollen Ideen und ihre Auftritte sind stets eine tolle Bereicherung. „Zirkus“ war das Ihre Darstellung verschiedener Zirkustiere mit einfachsten Mittel war auch in diesem Jahr ein Beitrag der Marke „Made by Sallis“.

Mit Tim Obrist und Jonas Merkel traten zwei junge Sänger erstmals vor so ein großes Publikum und das ohne erkennbares Lampenfieber. Der eine, Tim, holte sich Rat in Liebesdingen vom andern, Jonas. Interessant, wie man in so jungen Jahren schon zu derart fundierter Weltsicht kommt: dass nämlich die Anzahl von Spargelfeldern und Hektar über gewissen Unzulänglichkeiten des Erscheinungsbilds der anbetenden jungen Dame aus Hejlse hinwegsehen lassen kann… Oh, Jugend…!!

Karlheinz Merkel trat heuer als Bewerber für einen Bundestagssitz in die Bütt. Als Spitzen- und Kanzlerkandidat der Partei BDI, besser bekannt als „Bund der Iffzer“, eroberte mit seinen Argumenten und Anschauungen den Saal im Sturm. Wenn man ihn am Wahlsonntag gelassen hätte, wäre er es vermutlich geworden – in Iffezheim wohl allemal.

Rüdiger Nold hatte nur noch eine Aufgabe zu tun. Er bedankte sich beim Saalpublikum für dessen Erscheinen und bei allen Mitwirkenden für deren Auftritte. Es war wieder einmal ein tolles Gemeinschaftserlebnis, das heuer in vollkommen neuem Ambiente ablief, was aber dem Spaß an der Freude offensichtlich keinerlei Abbruch tat. Nach einem solchen Abend darf man sich auf den 7. Februar 2026 freuen, denn dann ist wieder Kappenabend.