Kappenabend 2020

Nach der Begrüßung der vollbesetzten Festhalle durch Sängerchef Kilian Leuchtner bedurfte es nur weniger Sekunden bis das närrische Auditorium die richtige Bertriebstemperatur erreicht hatte: Die schmetternden Klänge der Iffzer Fanfaren unter der bewährten Leitung von Marco Eberle rissen die Besucher förmlich von der Sitzen und gaben damit der Veranstaltung die Richtung vor. Die beiden Moderatoren des Kappenabends Simon „Seppl“ Nold, seinerseits der größte je dagewesene Zwerg, und das schönste Schneewittchen aller Zeiten, Andreas Merkel, führten die Besucher, wie in den vergangenen Jahren, durch die Welt der Iffezheimer Narren. Und sie hatten einiges zu tun an diesem Abend, waren doch immerhin 12 Programmpunkte anzukündigen!

Gäste waren wieder einmal die Tänzer und Tänzerinnen der ICC-Minigarde. 16 Mädchen und drei Jungs tollten zum Vergnügen des Publikums als Eisbären, Eskimos und als Pinguine über die Bühne. Sollte es die Absicht der lustigen Truppe gewesen sein, die Temperatur in der Halle nach unten zu treiben, so scheiterte dieser Versuch gründlich. Am Ende ihrer Vorführung stiegen hier schon die ersten begeisterten Raketen gen Hallendecke. Dass ein Mann in einem ernsthaften Gespräch mit seiner/einer Frau („Wir müssen reden…“) hoffnungslos unterlegen ist, führten Ulrike und Christof Leuchtner vor. Wer schon Probleme mit dem Hochzeitstag hat, braucht über den 14. Februar erst gar nicht nachzudenken. Es ließ sich letztlich nicht klar ausmachen, welches der Geschlechter nach diesem gelungenen Beitrag den größeren Beifall spendete…

Star des Abends war ein ganz besonderer Gast: Der goldige Retriever Linus „the Feier Biest“ Hüttlin führte zu Verdis Trauermarsch eine lange Schlange von Sängern hinter zwei Särgen an. Wie sich herausstellte, waren Frau und Schwiegermutter fast gleichzeitig der reißenden Bestie zum Opfer gefallen, was denn auch der eigentliche Grund für das Interesse der Männerschar war: „Kann man sich den mal ausleihen…?“ Hier und für alle Zeiten: Linus ist unausleihbar – und vor allem ist er die netteste Bestie, die man sich nur denken kann. Danach taten die Sänger, was sie am liebsten tun: sie sangen. Sie berichteten davon, dass die Pubertät der Spösslinge wahrlich kein Zuckerschlecken ist und davon, was man mit einem Blatt Zewa alles zu tun vermag – oder eben auch nicht. Die Selbsterkenntnis, die im Refrain ihrer Zugabe zu finden war, „Mit tut der Schnaps net gut…“, hätte ihnen vielleicht manch einer auf Anhieb niemals nicht zugetraut, aber da sieht frau, wie man sich auch mal täuschen kann.

Wenn Gabi Merkel sich aus dem Fenster lehnt, läuft bei vielen Besuchern der Lebensfilm des ganzen letzten Jahres vor dem geistigen Auge ab und so mancher stellt sich die bange Frage: „Hab‘ ich was Bleed’s g’macht…?“. Denn wenn, dann weiß das die Gabi und sie stellt sich dann ganz in den Dienst von Wahrheit und Aufklärung. Was soviel bedeutet wie: „Wenn ich was weiß, sag ich’s euch. Und ich weiß alles!“.

Nach Gesang und Wort war es höchste Zeit für eine Tanzdarbietung. Wer wäre dafür besser geeignet als die Tänzerinnen von „Be in motion“ vom Turnverein Iffezheim, die seit einigen Jahren ein Highlight unseres Kappenabends sind? Sie „hardrockten“ die Halle auf schweren Motorrädern und zogen die Iffzer Narren mit heißen Rhythmen in ihren Bann. „Born to be wild!“ – das nahm man den Tänzerinnen an diesem Abend ohne den geringsten Zweifel ab.

Wer auf der Suche nach einem geeigneten Partner oder Partnerin fürs Leben ist, beginnt diese Suche oft mit einer Bekanntschaftsanzeige. Wenn er diese dann noch bei Annette Leuchtner aufgeben möchte, bekommt er dabei gleichzeitig noch eine tiefenpsychologische Behandlung mitgeliefert. Denn sie kennt ihre Pappenheimer und den Hang zur vollkommenen Selbstüberschätzung ihrer körperlichen und geistigen Vorzüge und rückt da einiges wieder geschickt ins rechte Licht. Ob damit die Chancen ihrer Kundschaft allerdings wirklich steigen, ist durch nichts belegt. Das war toll gespielt von den MGV-Frauen. Und auch von den zugehörigen „Friends“!

Nach der Aufführung der Sängerjugend macht sich die Vorstandschaft des MGV ernste Sorgen, dass die sieben Jungsänger abwandern könnten zum Synchronschwimmen. Man muss allerdings (zähneknirschend) zugeben, dass die Jungs dafür ein gewisses Talent besitzen: Grandezza, anmutige Ausstrahlung, Schönheit und hemmungslose Risikobereitschaft, sich in die Fluten zu werfen, sind irgendwie schon vorhanden. Aber auch hier sollte es heißen: „Sänger, bleib bei deinen Noten…!“. Wir sehen uns in der Probe. Also, wenn eine stattfindet…

Frage: Was passiert, wenn man einem Musiker sein Instrument wegnimmt? Einfache Antwort: Er sucht sich in seiner Not ein Plastikrohr, haut sich vor Freude auf den Schenkel, hört einen Ton – und macht fürderhin Musik damit! Die Gruppe begeisternder Musiker nennt sich „SchmuDo MV“, und was die 13 Musjer da an Klang, Rhythmus und Melodik in den Saal zauberten, war nun wirklich etwas ganz Besonderes und Einzigartiges. Was man dazu braucht? Leidenschaft – und ganz sicher Leidensfähigkeit – denn die Schlaginstrumente brauchen auch etwas, wogegen sie geschlagen werden können und in der Regel ist das der Oberschenkel… Dieser Auftritt hatte Klasse und riss die Zuhörer zu Jubelstürmen hin! Wir sehen uns hoffentlich in etwa einem Jahr wieder!

Dass ein Friedhof durchaus ein ganz eigenes Ereignisfeld sein kann, belegte Edwin Peter mit seinem kurzen Auftritt als „Blumengießer“.

Die Sallis & Friends hatten in den vergangenen Jahren immer wieder für begeisternde und auch aufwendige Auftritte gesorgt. So auch in diesem Jahr. Sie erzählten die Geschichte des nach Iffezheim zugezogenen Mirko, der auf einer Rundreise durch unseren Ort und die nähere Umgebung – u.a. ging die Reise sogar bis nach Monte Carlo… – die seltsamsten Abenteuer erlebte. Dabei wurde die Geschichte mit Hilfe einiger bekannter Hits und Lieder erzählt, in denen, wenn man ganz genau hinhörte, Botschaften für Mirko verborgen waren. Wer heute „Sadness“ von Enigma hört, wird darin unweigerlich den Satz: „Oh, Anneliese popel nicht“ erkennen. Mirko wurde auf diesem und anderen Wegen ins Iffzer Universum eingeführt und weiß jetzt als gedankliche Brücke, sollte er jemals im „Bärle“ einkehren: „Du mußt besoffen bestellen…“. Und er wird wissen, aus welchem Lied diese inhaltsschwere Aufforderung entliehen ist.

Karlheinz Merkel setzte den Schlusspunkt der diesjährigen Bühnenauftritte. Selbst erst 60 Jahre alt geworden, konnte er bei allen Betroffenen und allen, die diesem magischen Alter allmählich näherkommen, Hoffnung wecken, dass es auch jenseits dieser Altersgrenze eine Leben gibt. Und was für eines! Pointenreich, mit treffendem Witz und jeder Menge weiser Spitzbübigkeit servierte er seinem Publikum einen fulminanten Vortrag. Das war der tolle Abschluss eines grandiosen Abends.

Vorstand Kilian Leuchtner bedankte sich bei allen, die dazu beigetragen hatten. Die Sänger und die Obstgärtner könnten eine solche Show niemals alleine auf die Bühne stellen. Um so erfreulicher sei es, dass sich die Vereine Iffezheims derart ins Zeug legen und aus Spaß an der Freud‘ ihre Talente sammeln und einbringen würden. Ein solcher Abend sei die Gesamtleistung des ganzen Orts und zeige, welche Bedeutung die Vereine für die Dorfgemeinschaft haben. Der Dank galt allen, auch jenen, die hinter den Kulissen in Küche und an der Theke wirbelten. Mit den Fanfaren und der obligatorischen Polonaise verließen die Künstler des Abends die Bühne und stürzten sich in die Nacht – und die war noch lang.

(Text & Bilder: Werner Kneipel)

zu den Bildern