hautnah 1 – Der MGV auf neuen Wegen 2014

hautnah – Die Entstehung

Von der Idee bis zur Ausführung eines Vorhabens ist ja oft ein ganzes Stück zurückzulegen. Dabei kommt immer viel zusammen – noch mehr kommt dazwischen. Zum Beispiel bekommen Dirigentinnen Kinder, also in unserem Fall mal eines. Oder es findet dies und das statt. Zum Beispiel Rennbahnbewirtungen und – vollkommen unabgesprochen – Fußballweltmeisterschaften. Da geraten Zeitpläne schon mal durcheinander. Eigentlich sollten über das ganze Jahr 2014 hinweg in loser Folge drei „hautnah“-Konzerte gestreut werden. Weil es für uns ein sehr wichtiges Projekt war, ließen wir uns von den widrigen Umständen nicht hetzen. Im Gegenteil. Wir ließen die Jungs Weltmeister werden und nahmen uns trotzdem genau so viel Zeit, wie große Vorhaben nun mal brauchen. Wir strichen gelassen den ersten und schließlich auch den zweiten festgesetzten Termin. Und nahmen uns fest vor, den dritten auf gar keinen Fall zu streichen. Weil das Konzert uns eben ein Anliegen war.

Wir wollten uns dabei nicht neu erfinden. Das brauchen und können wir nach 157 Jahren unseres Bestehens auch nicht. Wir sind, wer wir sind. Aber wir wollten doch zeigen, dass wir auch anders können, als man das von einem Männerchor landläufig so erwartet. Lockerer vielleicht. Ganz sicher aber wollten wir ein erweitertes Repertoire. Und das auch noch in anderen Sprachen. Mit mehr Rhythmus und Schwung. Nicht nur in den Stimmen, sondern auch in den Hüften. Ungewöhnlich und mit Überraschungen.

Wir wollten damit auf keinen Fall jemanden überfahren, überfordern schon gar nicht.  Am allerwenigsten unsere „Senioren“ im Chor. Und vielleicht ist das ja die eigentliche Überraschung des Konzerts vom vergangenen Samstag: Auch und vor allem die „alten Sänger“ haben diese Prüfung bravourös gemeistert. Sie ließen sich auf das Experiment ein. Nicht ohne Skepsis, aber stets mit mildem, weisem und manchmal auch verzeihendem Lächeln. Danke für eure Geduld…!

Die Proben gestalteten sich spannend, für manchen vielleicht auch mal schwierig, wenn man eine Dirigentin vor sich hat, die mit dem absoluten Gehör ausgestattet scheint und die dann auch noch auf genau diesem einen Ton besteht, der so gar nicht gelingen will. Mercedes Guerrero Arciniegas hat sich in den Proben als musikalische Leiterin im besten Sinne des Wortes gezeigt. Ihr liegen nicht nur die Noten, sondern auch die Worte eines Liedes am Herzen. Mit dieser Einstellung  gibt sie unserem Chor die Chance, sich zu entwickeln. Den Grundstock hat sie jedenfalls gelegt. Und jeder Sänger muss fühlen, wie sehr dies unser Auftreten beflügelt.  

hautnah – Das Konzert des Jahres

Die Iffothek ist der denkbar beste Ort für ein Vorhaben wie unser „hautnah“-Konzert. Es stehen mehrere Ebenen zur Verfügung, von denen aus man agieren kann. Vorweg also ein Dank an die Gemeinde Iffezheim, dass sie uns diese Räume zur Verfügung gestellt hat!  Beatrix Pflüger hatte dankenswerterweise für die herbstliche Dekoration der Iffothek gesorgt und damit die heimelige Atmosphäre geschaffen, in der sich alle Besucher gleich wohl fühlten. Den ganzen Abend über bemühten sich die A-Jugendlichen des FV Iffezheim gekonnt um das leibliche Wohl – auch dafür unser Dank!

Mit der „Fanfare a capella“ kamen die Sänger aus dem Untergeschoss der Iffothek in das gut gefüllte Foyer, ein Einmarsch ohne Netz und doppelten Boden, ohne Sichtkontakt zur Dirigentin, nur dem eigenen Tempogefühl und dem Gehör für den Nachbarn unterworfen. Vorstand Kilian Leuchtner begrüßte anschließend die Gäste dieses Abends und stimmte sie auf das Kommende ein.

„Good News“, also gute Neuigkeiten, wurden mit einem Gospel überbracht, das wir schon oft angestimmt haben, das wir aber dieses Mal rhythmischer und in der Intonation vielfältiger sangen. Später am Abend folgte dann das noch dynamischer vorgetragene „Rock my Soul“,  das mit donnerndem Stakkato endete und die Stimmgewalt der Sänger zeigte.

Männern wird unterstellt, hauptsächlich nur zwei Gefühle zu haben:  Hunger und Durst. Dieses Urteil ist natürlich ungerecht. Frank Sinatras „My Way“  liefert dafür den besten Beweis. Leise und nachdenklich kommt dieses weltbekannte Lied daher, an dessen Ende die trotzige Quintessenz steht: „Hier stehe ich, ich kann und will nicht anders“. Unterstützt von Jens Kalkbrenner an der Gitarre ließen die Iffzer Sänger genau das auch spüren.

In „Spanischen Nächten“ kann Mann aber auch ganz anders: Wein, Weib und Gesang, ein Dreiklang, der die Saiten der männlichen Seele zum Klingen bringen (kann). Von wegen keine Gefühle: Wenn der Torero schmachtet, kommt Stimmung auf…

Liedtexte sind Spiegel der Zeit, in der sie entstanden. Vieles wurde überliefert, ist geblieben und wird heute noch „dargebracht“. Zeitgenössische Lieder haben es dagegen oft nicht einfach – vermutlich deshalb, weil man sie sich erst neu erobern muss. Gelungen ist das den Iffzer Sängern mit Herbert Grönemeyers „Mambo“. Nicht der verliebte Wandersmann geht durch den finstern Tann zu seinem Mägdelein,  sondern der staugeplagte und von Politessen malträtierte Lover beklagt die Hindernisse auf dem Weg zum Date. Moderne Zeiten. Danke an Thilo Klumpp, der auf seiner „Rappelkiste“ den Rhythmus vorgab.

Die Pause beendeten die Sänger dann auf ganz eigene Weise. Sie hatten sich unter die Besucher gemischt und aus dem Stimmengewirr erwuchs zunächst fast unbemerkt, sich dann aber immer stärker durchsetzend, der sogenannte „Jazz-Kanon“. Mitten unter den Leuten, Schulter an Schulter, erhob sich aus „Dum du dum“, „Schubi dua“ und „Dwa schubida“ das harmonische Klanggebilde eines schwungvollen Kanons, der gefallen konnte.

Alsdann verteilten sich die einzelnen Stimmen auf den Stockwerksebenen im Treppenhaus der Gemeindebibliothek. Von dort erklang, verstärkt durch die Akustik des hohen Treppenhauses das Bergsteigerlied „Herrliche Berge“. Getragen und erhaben wehten die Töne dieses beeindruckenden Liedes hinunter ins Foyer, wo sie beim Publikum einen mächtigen Eindruck hinterließen.

Die Sänger hatten ja bei diesem Konzert mindestens einen kleinen Hintergedanken: Sie wollten zum Singen verführen. Und am besten wäre es natürlich, wenn schon in der nächsten Probe neue Gesichter zu sehen wären. „Singen macht Spaß“! Das muss an diesem Abend auch der letzte Zuhörer begriffen und erlebt haben. Mit dem gleichnamigen Kanon bezog der Chor die gewohnt passiven Zuhörer ins Geschehen mit ein. Und so wurde aus dem Chor ein ganz eigenes Ensemble, in dem jeder mitwirken durfte und dies auch freudig tat.

Zum Schluss heizten die MGV-Sänger ihren Gästen mit „Barb’ra Ann“ von den Beach Boys noch einmal kräftig ein.  Wer laut singen kann, kann dies nicht unbedingt auch leise. Die Iffzer Sänger beginnen dies bei Mercedes Guerrero allmählich zu lernen. Und mit diesem Welthit kann man unter Beweis stellen, ob man das auch verstanden hat. Hier bleibt festzustellen: der Chor hat verstanden. Und vor allem hat er Spaß dran gefunden, die neuen Seiten aufzuschlagen und für  sich zu entdecken.

Der Dank gilt an dieser Stelle allen unseren Besuchern, allen unseren Helfern und vor allem unserer Dirigentin.

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