Frühjahrsmeeting 2024 – Stück in drei Akten

(Text & Bilder: Werner Kneipel)

Akt I: Der Donnerstag

Ein Renntag, wie man ihn sich nicht schöner wünschen kann: traumhaftes Wetter, warm aber nicht zu heiß, weiß-blauer Himmel – und jede Menge Menschen von nah und fern, die es nach Iffezheim zieht, um die besonders Atmosphäre auf unserer Bahn zu genießen. Die Sänger stehen gut vorbereitet in den Startlöchern und freuen sich auf den Ansturm der Gäste. In der Küche, bei den Brat- und Pommes-Experten, an den diversen Zapfanlagen und Getränkeausgaben herrscht schon kurz nach der Öffnung der Freilufthalle reges Treiben. Die Bankreihen füllen sich zusehends, Bedienungen flitzen mit beladenen Tabletts hin und her. Im Café werden nach und nach die Kuchen und Torten zum Verkauf abgegeben, die die fleißigen Landfrauen wie immer kunstvoll gebacken haben. Kaffeeduft schwebt dort in der Luft. Das  monotone Stimmengewirr, das die Halle füllt, wird begleitet vom Klirren der Gläser bei den Spülmaschinen, von Rufen, die Nachschub für die verschiedenen Stationen fordern. „Wo bleiben denn die Pommes rot-weiß?“ Und hin und wieder durchbricht ein lautes Geschrei die Szenerie, bei dem sich die Frage stellt:  Hat da einer gewonnen oder ist er entrüstet über seinen Wettverlust und die damit verbundene Erkenntnis, dass Pferde durchaus eigensinnig sind, dass vor allem aber das Schicksal einen eigenen Kopf zu haben scheint… All dies kann einen solchen Tag nur annähernd beschreiben. Was aber auch Außenstehenden auffallen muss, ist der kameradschaftliche Umgang der Sänger und ihrer helfenden Freunde untereinander und deren Spaß an der Freud‘, ohne den eine solche Herkulesaufgabe nicht zu stemmen wäre.  Nach einem solchen langen Tag fällt der Sänger trotz individuell auftretender Rücken- oder Knieschmerzen oder sonstiger Zipperlein beschwingt ins Bett und freut sich auf den zweiten Renntag.

Akt II: Der Samstag

Wie erfahrene „Rennbahnbewirter“ wissen, dient dieser Tag in der Regel eher der Entspannung und Erholung vom anstrengenden ersten Renntag. Sportlich gesehen ist das eine aktive, regenerative Phase, in der die Grundfertigkeiten der Akteure zwar geschont, aber dennoch aktiv trainiert werden. Wieder greifen die Rädchen reibungslos und unaufgeregt ineinander – der Motor läuft ohne zu stottern. Eigentlich hatte man schon für diesen zweiten Renntag unwirtlichere  Wetterbedingungen erwartet. Allerdings schauen viele Akteure mit Skepsis immer wieder auf ihre elektronischen Wetterpropheten – anhaltender Regen ist zu erwarten. Man wird sehen…

Akt III und nicht vorhersagbarer Höhepunkt des Dramas: Der Sonntag

Es hatte geregnet in der Nacht. Es hatte stark geregnet. Teile des Geläufs versanken im Wasser. Gegen 9:30 Uhr geht ein Ruf wie Donnerhall und in Windeseile durch den gesamten Ort: „Der Renntag ist abgesagt!“.  Einen solchen Satz hat Iffezheim in seiner langen Rennbahngeschichte noch nie vernommen. Und ausgerechnet der Männergesangverein soll nun das erste Opfer eines derartigen GAU sein. Wohl jeder Helfer, der an diesem Morgen seinen Dienst in der Freilufthalle antritt, tut dies mit der inneren Gewissheit: Wir lassen die Rolltore runter, packen unseren Kram zusammen und essen zu Hause eben tagelang  weiße und rote Bratwürste und Sahnetorte dazu…. Um 9:34 Uhr geht die flehentliche und zerknirscht klingende Bitte Annette Leuchtners in die WhatsApp-Gruppen, die avisierten Kuchenspenden doch bitte nicht (!!) in die Freilufthalle zu bringen, weil man keine Möglichkeit sähe, diese auch verkaufen zu können. In der Küche wird zunächst die Devise ausgegeben, nichts auf Tellern vorzubereiten, sondern, wenn denn wirklich jemand einen Wurstsalat haben wolle, diesem Wunsch „direkt“ nachzukommen. Im Bräterbereich werden vereinzelte Würste aufgelegt, mit Pommes ist man erstmal zurückhaltend und der Bierhahn kann ja jederzeit geöffnet werden. Man erwartet keinen wilden Ansturm. Inzwischen posten die Sänger auf allen sozialen Kanälen, dass die Freilufthalle trotz allem natürlich geöffnet sei und die Sänger mit Speis und Trank bereitstünden. Mancher Rennbahnbesucher hatte zu spät von der Absage des Renntags erfahren und stand nun etwas verloren und verdrossen vor den Toren zum Gelände. Martin Leuchtner, Vorstandsmitglied des MGV, machte viele dieser verlorenen Seelen auf die geöffnete Freilufthalle aufmerksam. Und nicht zuletzt dadurch verändert sich dort die Szenerie langsam aber stetig. Immer mehr Tisch und Bänke wurden besetzt und hinter dem Tresen der Halle fing die Maschinerie an, auf vollen Touren zu laufen.  Um 12:13 Uhr sandte Annette Leuchtner einen zweiten elektronischen Hilferuf an die Iffezheimer Kuchenbäckerinnen: Es würden merkwürdige Dinge in der Halle geschehen und das Café sei so gut frequentiert und der Kuchen so stark nachgefragt, dass Kuchen in jedweder Menge und Art und Form hoch willkommen sei. Wer also auf seinen Kuchen nach der Absage am Morgen noch Zugriff habe, könne ihn jederzeit vorbeibringen. Und es geschah.  

Ganz offensichtlich hatten auch die Iffzer Einwohner und die Mitglieder der Ortsvereine mitbekommen, dass die Sänger Unterstützung gut gebrauchen konnten. Und so wurde manches Mittagessen und so mancher Sonntagmittagskaffee in die Freilufthalle verlegt. Die Begeisterung der Sänger ob dieser aktiven Solidarität des Ortes mit seinem ältesten Verein war riesig. 

Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen Helfern, vor allem auch bei jenen passiven Mitgliedern bedanken, die sich bereit erklärt haben, dem Männergesangverein bei diesem „Abenteuer“ zu helfen und ihn dabei zu unterstützen! Herzlichen Dank auch für alle Kuchenspenden! Ein weiteres großes Dankeschön gilt den Sängerfrauen, die in Küche und Café absolut unverzichtbar sind. 

Gelebte Solidarität und Hilfsbereitschaft macht ein Gemeinwesen, wie es unser Dorf ist, wirklich lebenswert – und die haben wir Sänger als Höhepunkt des 3. Aktes in übergroßem Maße erfahren dürfen. Wir bedanken uns für diese überwältigende und einzigartige Unterstützung durch die Iffezheimer Bürger und durch seine Vereine. Herzlichen Dank an alle Akteure dieses „Dramas“ mit glücklichem Ausgang.

Jungsänger und neuernannter Frauenbeauftragter des MGV, der von erfahrenen Hausfrauen im gefahrlosen Umgang mit Geschirrtüchern unterwiesen wurde. Umgekehrt konnte er ihnen souverän demonstrieren, wie ein Bierseidel auf Sängerart elegant gehalten wird….
So sieht es in der Freilufthalle aus, wenn ein Renntag abgesagt wird…