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150 Jahre Männerchorgesang in Iffezheim
Auf den nachfolgenden Seiten finden Sie einen Rückblick auf unser 150-jähriges Vereinsjubiläum im Jahr 2007.
Festbankett
Eine gelungene Geburtstagsfeier zelebrierte der Männergesangverein-Liederkranz 1857 bei seinem Festbankett in der Iffezheimer Festhalle. Die zahlreich erschienen geladenen Gäste feierten den jungen, innovativen, alt-eingessenen Jubilar.
Den Auftakt bildete der Jubilar selbst: Die 67 Männer des MGV Liederkranzes priesen in feinstem À-Capella-Gesang mit Sieglers „Festgesang“ und dem “Weihegesang“ von Franz Schubert ihr Hobby, die Kunst der Musik, die Herz und Seele des Menschen erfüllt und begeistert. Die „Macht des Gesanges“ war auch zentrales Thema des Festprologs der von den Festdamen Sabrina Huber und Sonja Oesterle vorgetragenen Ode von Friedrich Schiller.
In seiner Begrüßungsrede stellte der Vorsitzende Karlheinz Schäfer „150 Jahre Männerchorgesang in Iffezheim“ in den Mittelpunkt und wies auf die soziale Funktion des Vereins hin, der in seinen Reihen drei Generationen vereine. Drei Dirigenten und nur fünf Vorsitzende seit der Vereinigung nach dem Kriege sprächen für Kontinuität und Verlässlichkeit des im Zeichen des mit Mars vereinten Violinschlüssels stehenden Geburtstagskindes. Als äußeres, dauerhaftes Zeichen des Jubiläums werde der Verein eine große Sängerlinde pflanzen, versprach Karlheinz Schäfer.
Festpräsident Bürgermeister Peter Werler ging in seiner Festansprache auf die Geschichte des Kulturgutes „Singen“ ein und hob vor allem den gesellschaftlichen Gegenentwurf der sich in der Mitte des 19.ten Jahrhunderts gründenden Vereinen mit ihren demokratischen Idealen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit hervor. Der Zusammenschluß freier und gleicher Menschen nach demokratischen Grundsätzen habe die Grenzen der alten Gesellschaftsordnung gesprengt. Auch wenn heute viele Männerchöre von Nachwuchssorgen geplagt seien, könne die gesellschaftliche Bedeutung der Vereine, in denen Teamfähigkeit und Sozialkompetenz gelernt und gepflegt würden, nicht hoch genug geschätzt werden. Iffezheim sei stolz auf seinen Männergesangverein, der das kulturelle Leben der Gemeinde bereichere und entscheidend zu ihrer Idendität beitrage.
Seine Reverenz an das Geburtstagskind und das Renndorf erwies der Kirchenchor des Cäcillienvereines, mit der Ascott Gavotte aus „My Fair Lady“, bei der die Galoppmetropole kurzerhand an den Rhein verlegt wurde und die Freude beim Galopp in Iffze hochlebte.
Bürgermeister a.D. und Ehrenbürger Otto Himpel führte die Gäste in seiner unnachahmlichen rheinischen Art in die Geschichte des Jubilars von der Gründung bis zu 's Glaser Fritze Helmut Jungem, dem heutigen Vorstand in dritter Generation, ein und schmückte die Chronik mit heiteren Anekdoten.
Weder die Festdamen, noch die Ehrenmitglieder ließen es sich nehmen weitere Fahnenschleifen zu spenden.
Landrat Jürgen Bäuerle beglückwünschte auch im Namen des Kreistages den jung gebliebenen Jubilar, dem es gelungen sei, attraktiv zu bleiben und der mit seiner zukunftsorientierten Vereinspolitik auch junge Menschen anspräche. Bäuerle hob die Bedeutung des Gesanges für die Persönlichkeitsbildung hervor und würdigte den Männergesangverein als Wohlfühlfaktor, der zur Lebensqualität der Gemeinde beitrage.
Seine musikalischen Grüße überbrachte der Patenverein aus Hügelsheim, der Männergesangverein Germania, mit Mozarts „Schutzgeist alles Schönen“ aus der Zauberflöte und des „Handwerkers Abendgebet“. Sein Vorstand Gerhard Meyer unterstrich das gute Verhältnis der beiden Vereine mit einigen Anekdoten aus den Protokollbüchern des Patenvereines.
Für eine große Überraschung sorgte Peter Banzhaf als Vertreter der Iffezheimer Vereine, welche aus Respekt und in Dankbarkeit vor der „alteingesessenen, jungen und innovativen Sängertruppe“, die Aktiven des Jubelvereines mit einem Gutschein zum Besuch des Züricher Opernhaus beschenkten. Jenem Opernhaus, für dessen Direktor Alexander Pereira die Sänger spontan ein Ständchen zwischen Grill und Zapfhahn der Iffezheimer Freilufthalle gesungen hatten.
Daß der Verein jung geblieben ist, stellte er mit dem äußerst dynamisch daherkommenden "Jacob's Ladder" unter Beweis.
Der Präsident des Mittelbadischen Sängerkreises Ernst Kopp drückte seine Stolz auf die Iffzer Sänger aus und gratulierte dem Verein zu seinen beispielhaften Leistungen. Ernst Kopp nahm auch die Ehrungen dieses Abends vor. Zu Ehrenmitgliedern des MGV-Liederkranzes wurden nach 25 Jahren aktivem Singens Joachim Huber, der weltbeste Notenwart Jürgen Distelzwey und der Mann für die italienischen Momente Stefan Manara ernannt. Seit einem halben Jahrhundert läßt Manfred Zoller seine Stimme im Ersten Baß erschallen, wofür er eine Ehrenkunde erhielt, wie auch Alfred Fritz und Ex-Vorstand Bruno Walter, die seit 60 Jahren aktiv den Chor des Männergesangverein prägen. Mit einem Weinpräsent bedachte der Vorsitzende Karlheinz Merkel elf Mitglieder, die seit der Wiedervereinigung nach dem Zweiten Weltkrieg dem Verein aktiv oder passiv die Treuer halten. Die Männer der ersten Stunde waren: Erich Huber, Karl Huber, Rudolph Huber, Erhard Laubel, Gregor Merkel, Franz Oesterle (Bachstraße), Franz Oesterle (Tullastraße), Erich Schäfer, Karl Schäfer, Edmund Schmitt und Josef „Blumensepp“ Schneider.
Mit dem schubertschen "Im Abendrot" entließen die Sänger die Gäste aus den gemütlichen Teil, den Hubert Müller mit erlesener Kaffehausmusik untermalte. Natürlich versäumte es der Chor nicht, seinen Musikus mit dem Geburtstagslied zu empfangen, wo er doch an seinem Ehrentag aufspielte.
Viele Gäste nutzten die Chance, beim Betrachten unserer Ausstellung alte Erinnerungen auszutauschen.
Unser Festkonzert
Während anderswo in der Region Männerchöre, von Nachwuchssorgen geplagt, verstummen, feierte der Männergesangverein Liederkranz Iffezheim mit 600 Gästen ein rauschendes Jubiläumskonzert in der BBAG-Halle. Der dynamische und homogene, aus über sechs Dutzend Sängern bestehende Klangkörper ließ in seinem 150ten Jahr keine Zweifel daran, daß er jung geblieben ist und riß mit seiner ausgewogenen Mischung aus alter und neuer Chorliteratur unter dem erfahrenen und sicheren Dirigat von Herbert Szymanski die Zuhörer zu Begeisterungsstürmen hin. Begleitet wurde der Chor von den Leitern der Städtischen Schule für Musik und Bildende Kunst in Bühl: Klaus Martin Kühn am Flügel und Bernd Kölmel an den Percussions, sowie von Dorothea Jügelt auf der Violine.
Mühelos hielt der Männergesangverein-Liederkranz die in den Auftaktstücken „Sing mit mir“ (Milton Ager) und „Wir machen Musik“ (Peter Igelhoff / Helmut Käutner) enthaltende Versprechen und bot an diesem Abend beste, mit bekannten Melodien durchsetzte, musikalische Unterhaltung.
Eloquent und sachkundig führte Moderator Hubert Müller in den Opernblock ein, in dem zunächst Friedrich Smetanas „Chor der Landleute“ aus „Die verkaufte Braut“ das Rund der Auktionshalle füllte. Mit „Freude vertreibe die Nacht“ setzte der Männerchor einen gelungenen Schlußakkord unter Giuseppe Verdis stimmungsvolles „Trinklied“ aus „La Traviata“, in dem er die Liebe hochleben ließ.
Geräumig orchestral stimmte Klaus-Martin Kühn am schwarz glänzenden „Schimmel“ den Bizetschen Toreromarsch aus der Oper „Carmen“ an, dessen schwierige Eingangspassage vom Chor souverän gemeistert wurde. Im Fortissimo galoppierte der Chor akzentuiert dem von den Zuhörern sehnsüchtig erwarteten Hauptthema des Stückes („Auf in den Kampf“) entgegen, das im Piano leichtfüßig den Kehlen der Bässe entströmte, um im Fortissimo vom Gesamtchor übernommen zu werden, welcher in fulminanten Tempo unter der exakten Führung des musikalischen Leiters Herbert Szymanski auf das prächtige Finale zusteuerte. Mit dieser Operngala, die dem für einen Laienchor äußerst brillanten Ersten Tenor dessen ganzes Können abverlangte, unterstrich der Jubilar sein weit überdurchschnittliches Können.
Eine Verschnaufpause gönnten Dorothea Jügelt vom SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden/Freiburg (Violine) und Klaus-Martin Kühn (Piano) dem Chor, als sie mit ihrem brillant und feurig vorgetragenen „Czardas“ von Vittorio Monti das andächtig lauschende Publikum in die ungarische Puszta entführten. Mit der „Juliska aus Budapest“, dem Foxtrott aus der „Maske in Blau“ (Fred Raymond), führten die Sänger ihre Zuhörer weiter die Donau hinauf und leiteten über in einen bunten Strauß von Otto Groll arrangierter Melodien aus den Wiener Klangkonditoreien. Leicht und beschwingt, mal schrammelnd, mal im Dreiviertel- oder Marschtakt besangen die Herren des Männergesangverein-Liederkranz Freude, Frohsinn, Tage voll Sonnenschein, um dann über den blühenden Prater das Herz im „Weißen Röss'l“ zu verlieren.
Nach der Pause empfingen die neun Mitglieder des MGV-Liederkranz-Vokalensembles „Just for Fun“ mit „Frisch gesungen“ (Friedrich Silcher) die Besucher und verrieten bei „Ein Freund, ein guter Freund“ (Willy Parten) ihre unbändige Lust am Singen.
Mit Ernest Golds „Exodus“ setzte der Gesamtchor mit Oskar-gekrönter Filmmusik sein Programm fort. Dem sehnsuchtsvollen Epos um die alte neue Heimat der Holocaust-Überlebenden im Gelobten Land, dessen Baß-Solo-Auftakt das Stimmvolumen der Baßstimmen in ungeahnte Höhen ausreizte, schloss sich - beginnend mit tiefem Summen aus über sechs Dutzend Männerkehlen - Vangelis Titelmusik zu „Conquest of Paradise“ (Vangelis) an, deren Kunstsprache von den Iffezheimer Sängern sauber akzentuiert in bewegende Musik umgesetzt wurde und die Zuhörer in ihren Bann schlug.
Mit der deutschen Version des Spiritual „Climbin' up the Mountain“, bei dem Klaus Martin Kühn am Piano sein Improvisationstalent auslebte, eröffnete der Männergesangverein-Liederkranz seinen Zyklus rhythmischer, nordamerikanischer Sakralmusik. In „Jacob's Ladder“ (Bearbeitung Arnold Kempkens) spielte der Chor à cappella souverän seine ganze dynamische Bandbreite aus. Ein weiteres Glanzlicht in dem an Höhepunkten wahrlich nicht armen Abend setzte der Männerchor mit dem Gospel „Rock my Soul“ (Peter Brettner).
„Wochenend und Sonnenschein“ (Milton Ager) und dazu einen Konzertabend des Männergesangverein-Liederkranzes was braucht man mehr zum Glücklichsein? Die Rhythmusmaschine des Zweiten Baßes forcierte bei diesem Evergreen aus den Zwanziger Jahren die melodieführenden Stimmen und führte mit Schwung und Elan in das Wochenende.
Der Schluß des offiziellen Teils war zugleich schelmischer Höhepunkt: Eine von Chorleiter Herbert Szymanski speziell für „seinen Männerchor“ bearbeitete, parodistische à cappella Glanznummer, in welcher die Sänger des Männergesangverein-Liederkranz augenzwinkernd ihre Souveränität, ihre Coolness, ihre Omnipotenz besangen und es in ihrem 150. Vereinsjahr auf den Punkt brachten: „Männer mag man eben“ (Hans Unterweger). Daß man sie dafür liebe, zeigten die lang anhaltenden stehenden Ovationen der restlos begeisterten Zuhörer im ausverkauften Rund der BBAG-Auktionshalle, deren Akustik von Seiten der Gemeinde eigens für dieses Konzert mit Vorhängen und Teppichböden optimiert wurde.
In den Zugaben zog der jung gebliebene Chor nochmals alle Register seines Könnens und fesselte, mit wechselnden Ostinati und in italienischer Sprache gesungen, mit „Bènia Calastoria“ (Bepi de Marzi) die Zuhörer, um dann nach „Conquest of Paradise“, „Rock my Soul“ seine Konzertgäste nach nicht enden wollendem Applaus in die Sommernacht zu entlassen.
Ehrensingen
Sieben Gesangvereine aus allen Gruppen des Mittelbadischen Sängerkreises erhoben am Sonntagmorgen zu Ehren der Jubilaren des Männergesangvereines Liederkranzes Iffezheim ihre Stimmen. Zu den Gratulanten gesellte sich der pfälzische Meisterchor aus Heidesheim.
Der Patenverein Germania Hügelsheim eröffnete unter Gerhard Nagel den Reigen der Gratulanten am kühlenden Morgen mit Robert Prachts „Morgenrot“, dem Moritz Hauptmanns „Himmelslicht“ im Wolkengebilde folgte. „Es ist der Wald“ und Richard Trares „Der Hahn von Onkel Giacometo“, dessen kurzes Leben im Kochtopf endete, komplettierten die Glückwünsche aus dem Nachbardorf.
Unter Chorleiter und Arrangeur Nikolaus Friedemann intonierte der MGV Eintracht Mösbach Fritz Glessmers unvergessene „Heimat“. Hellmut Löfflers „Gedanken an Dich“ erinnerten wehmütig an die verflossene Liebe. Das Schicksal der „100 Mann“ (Lothar Olias) begeisterte Zuhörer.
Die mit zahlreichen Jugendlichen aufgetretenen Sänger des MGV Sängerlust Kartung brachten unter Leitung von Frank Bollheimer mit „Barbar' Ann“ der Beach Boys Californische Lebensfreude in die BBAG-Halle. Zum Leidewesen der Kartunger Sänger konnte nichts den Redefluß der nimmermüden Plaudertasche „Illsebill“ (Bernd Weber) stoppen. Mit viel Schwung zog es die Sänger beim abschließenden „Cape Cod Girls“ von Emily Crocker nach Australien.
Der pfälzische Meisterchor Sängervereinigung 1886 Heidesheim eröffnete mit der schwedischen Volksweise „Uti var hage“ (Hugo Alfvén) sein Geburtstagsständchen. Daniel in der Löwengrube stand im Mittelpunkt des Gospel „Didn't my Lord deliver Daniel“ (Hans Schlaud). Der von Gott Bachus geschenkte „Goldene Rheinwein“ durfte im Repertoir der Sänger aus dem Mainzer Vorort nicht fehlen. Das gleiche Schicksal wie den Hügelsheimer Hahn ereilte auch „Der Hahn von Onkel Giacometo“ aus der Pfalz.
Der Männergesangverein Muggensturm schenkte dem Jubilar einen Strauß Melodien aus Opern von Guiseppe Verdi. Sein Vermächtnis gab „Chor der Kreuzfahrer“ aus „Die Lombarden“ kund. Leicht und beschwingt schloß sich „Skorendo uniti“ aus „Rigoletto“ an. Dem Ruf „Erhebe das Glas“ (aus Ernani) schlossen sich die Sänger nach dem Ehrensingen im Biergarten des MGV Liederkranzes gerne an.
Der Gesangverein Liederkranz Ötigheim unter Walter Muth stellte in seinem Geburtstagsgruß meisterlich die Frage, was man am frühen Morgen mit einem „Drunken Sailor“ anstellen sollte und entführten die Zuhörer anschließend nach „Shenandoah“. Der brausende Sturm und der schwellende Strom wichen dem lieblichen Frühling der „Märznacht“ (Conradin Kreutzer).
Der gemischte Chor des Gesangverein Windeck unter Herbert Szymanski ließ mit „Wir feiern ein Fest der Freude“ die Europa-Hymne Charpentiers erklingen. „Lieblichen Gesang“ verströhmten die Kappler beim „Lerchengesang“.
Mediteranes Flair verströmte der neu formierte gemischte Chor des MGV Liederkranz Vimbuch, der unter der Leitung von Herbert Szymanski mit dem piemonteser Lied „Als Freunde kamen wir“ seine Verbundenheit mit dem Jubilar bezeugte und mit der griechische Volksweise „Eleni“ bravourös seinen ersten öffentlichen Auftritt beendete.
Gemeinsam mit den Sängern des Männergesangverein Liederkranzes ließen die Windecker und Vimbucher Sänger als gebührendes Finale des Ehrensingens aus bühnensprengenden 150 Kehlen „Conquest of Paradies“ erschallen.
Festeröffnung
Ein rauschendes dreitägiges Geburtstagsfest feierte der Männergesangverein Liederkranz anläßlich seines 150ten Wiegenfestes. Der Wettergott hatte ein äußerst gütiges Auge auf den Jubilar geworfen und schenkte ihm ein Wochenend mit Sonnenschein. Den Auftakt der Festivitäten bildete der traditionelle Bredschlstegge-Umzug der Kindergärten und den ersten beiden Grundschulklassen, denen sich Mamma. Papa, Oma und Opa anschlossen. Unter der Führung der Jungtrommler des Fanfarenzuges und der Fahnenträger des Gesangvereines ging es vom Schäsebuggl zum Festzelt. Dort unterhielten die Jüngsten die Zuhörer mit einigen Liedchen.
Kurz nach sechs eröffnete Festpräsident Peter Werler mit einem satten Schlag auf den Zapfhahn hochoffiziell die Geburtstagsfeierlichkeiten.
Herrn Stumpfes Zieh- & Zupfkapelle
Im Sturm eroberten die vier Gralshüter des saftig brunnentiefen Schwäbisch Iffezheim im mittelbadischen Kernland. Die Erfolgsrezeptur aus Erzkommediantentum, hervorragendes stimmliches Können und instrumentaler Virtuosität schlug die Zuschauer in ihren Bann, welche die Urschwaben mit reichlich, reichlich Beifall frenetisch feierten.
Skrupellos widmeten sich die Hausmusiker Stücken bekannter Interpreten, die zum einen instrumental kräftig durchgeschüttelt wurden und zum andern mit Texten von urschwäbischer Sinnhaftigkeit versehen wurden. Aus Angelo Branduardis Wasserflöhen wurde „Dagmar“ wegen der Mann „Des Gwehr vom Schrank ra“ holt. Genauso runderneuert wurde Jimmy Hendrix, der im Renndorf nach „Joseph“ rief und statt mit E-Gitarre mit Großem Blech und Kontrabaß, dessen Vibrationen Benny „Banano“ Jäger immer wieder begeisterten, besetzt war. „Im Schreiner sei Gsell“ blieb mehr dem Irdischen verhaftet und fuhr beileibe nicht über die höllische Autobahn wie einst Bon Scott von AC/DC. Lou Reeds Spaziergang auf der wilden Seite des Lebens wurde zur Aufforderung „Du mol den Hond weg!“. Ins Gegenteil verkehrten die Kommedianten Billy Swans großzügiges Hilfsangebot und machten daraus eine Hymne für Neureiche: „I han Geld“.
Solch schalkhaft musikalische Kraftanstrengungen mußten unweigerlich zum „Sekundendurst“ führen. Nach Weizen für die Musiker und Vesperbrot für Alle griffen die Schwaben aus Rücksicht auf die Mikrofone, damit sich dort nicht wieder Monate lang Paprikalyoner festsetzt, für „Scotch Mist“ beherzt in die Saiten.
Ihr stimmliches Talent brachten die Vier bei ihren „Stern“, der im großen Sternenmeer strahlt, besonders zur Geltung, jenem schweizer Volkslied, dessen Vortrag in Helvetien rund dreieinhalb Tage dauert und in Iffezheim so gesehen in atemberaubender Geschwindigkeit zum Vortrag gebracht wurde.
Nicht nur musikalisch auch mit ihren Intermezzos trugen die Erzkomiker zum Gag-Feuerwerk in der Feilufthalle bei. So führte der bekennende „Lindenstraße“-Gugger, Michael „Flex“ Flechsler, in einem eloquenten, ob seines Detailreichtums seine Mitmusiker zu Tode langweilenden Fachvortrag, die aufmerksamen Zuhörer in die richtige Standortwahl eines Videorekorders ein, damit weder die Kabel zu lang, noch das Bild zu quer daher kommt.
Selbst bei dem langsamsten Schwaben wächst nach der vermögensschädlichen Scheidung von seiner Angetrauten, die sich bereits beim Erwerb des ehelichen Fingerschmuckes in der obersten Preiskategorie tummelte, rasch die Erkenntnis: „Der Reng war deier!“.
Schon früher hatten Musikanten ab und an ihre Lieblingsrezepte in Noten verpackt, aber keiner mit einer solchen Verve wie Marcel „Selle“ Hafner, der seine Begeisterung für das schwäbische Nationalgericht beswingt beim „Linsengericht“ dem Publikum rüberbrachte.
Melancolisch verträumt servierte Manfred „Manne“ Arnold den „Valse d'Alsace“ am Klavier im Duett mit „Selle“ an der Quetschkommode.
Sebstverfreilich durfte am Ende das schmerzende „Bemberle“ nicht fehlen. Das begeisterte Publikum ließ die „oifache Kapell“ genauso selbstverständlich nicht ohne Zugaben von der Bühne, von der aus sich die „Stumpfes“ dann noch unter die begeisterten 600 Zuschauer und vor den Zapfhahn mischten.
Freundschaftssingen
Ein Dutzend befreundete Vereine aus der Region fanden sich am Sonntagmorgen im Festzelt ein, um dem Jubilar ihre musikalischen Grüße zu überbringen.
Die an diesem Festsonntag wahrlich herrlich golden leuchtende Sonne ("Goldene Sonne" Christian Siegler) besang der Sängerbund Haueneberstein 1855 e.V., der unter Leitung von Harald Volz "Das Morgenrot" von Robert Pracht nachlegte, bei dem sich jeder die Geburt dieses herrlichen Tages vorstellen konnte.
Unter Chorleiter Günther Siegwarth folgten die Sänger und Sängerinnen des Gesangvereins Merkur Geroldsau.
In die Tiroler Bergwelt des Bepi Di Marzi entführte der Polizeigesangverein Baden-Baden 1926 e.V. mit „Bènia calastoria“ (Das Tal in den Bergen) die Zuhörer, aus dem heraus sie bei Robert Papperts "Ein Mädchen ging spazieren" maskulinen Frühlingsträumen nachhingen.
Fröhlicher Festgesang verbreitete unter Leitung von Kerstin Lemay der Gesangverein Eintracht Halberstung 1910 e.V. bei Lorenz Maierhofers "Fröhlich klingen uns're Lieder". Mit Dieter Frommlet "Das Leben kann so schön sein" unterstrichen die Halberstunger ihre Lebenslust. "Festliche Klänge" (Händel/Frommlet) bildeten den Schluß der Geburtstagstrilogie.
Nach dem "Festgesang" (Christian Siegler) wurde es mucksmäuschenstill im Festzelt, als Thomas Heeg vom MGV "Fremersberg" Sinzheim 1869 e.V. seine Stimme zur Solopartie von Cat Stevens "Morning has broken" erhob. Nach dieser begeisternden Bravourleistung rundete der Chor mit der Volksweise "Brüderschaft" seinen Auftritt ab.
Der Sängerbund Sandweier überbrachte seine Geburtstagsgrüße mit Hans langs "Wir gartulieren" und gab die dalmatische Volksweise "Kad si bila mala, mare" obendrauf.
Wie immer übernahm Peter Ripp-Arnitz die Solopartie bei der afrikanischen Volkweise "Sana sananina". Mit den Beatles-Liedern "Ob-La-Di, Ob-La-Da" und "Let it be" rundete der Sängerbund Niederbühl 1865 e.V. sein Geburtstagsgeschenk ab.
"Tafelfreuden" (Richard Pappert-Picard) tischte der Gesangverein Liederkranz Neuburgweier e.V. auf. "Du paßt so gut zu mir" (Nikolaus Brodsky/Fritz Rotter) aus dem Film "Katharina die Letzte" folgte als nächster Gang. Zum Nachtisch servierten die SängerInnen von der Hardt "Aber bitte mit Sahne" von Udo Jürgens.
Moderne Klänge brachte der Badische Chor Wintersdorf unter das Zeltdach. Mit Simon und Carfunkles "Bridge over troubled Water" eröffneten die Rieder ihren Sangesreigen, dem sich genauso Hoffnung verbreitend "Wir haben noch jeden Berg geschafft" (Ashfort & Simpson) anschloss. Den fulminanten Schlußpunkt setzten die SängerInnen mit der deutschen Version von Frank Sinatras "My Way".
"Wir sind die Könige der Welt" intonierte selbstbewußt der Liederkranz Frohsinn 1897 Baden-Baden e.V., der mit "Du Paradies" und "Schau ich vom Gipfel des Merkur" die heimatliche Kurstadt besang.
Nochmals stand Bepi di Marzis Bergwelt auf dem Programm, als der MGV Freundschaft-Jagdhaus Winden "Signore delle cime" darbrachte, bevor er mit Wilhelm Heinrichs Schneider auf Höllenfahrt ging. Dreimal krähte während der Feierlichkeiten der Hahn von Onkel Giacometo, aber wohl nie so kräftig wie an diesem Sonntagmorgen.
Den wunderschönen Morgen priesen die Stimmen des Sängerbundes "Harmonie" Balg mit Otto Grolls "Oh, Herr welch ein Morgen". Herzschmerz verbreitete der Sängerbund mit Friedrich Silchers "Untreue", dem sich ebenso schwermütig Julius Abels "Es steht eine mächtige Linde" anschloß.
Der große Festumzug
Ein Festumzug nach alter Väter Sitte bildete am Sonntagnachmittag den Auftakt zur Geburtstagsfeier mit den Iffezheimern und den iffezheimer Vereinen. 1500 bis 2000 Rennböcke waren auf den Beinen um sich mit ihren Vereinen oder gerade so dem großen Festumzug anzuschließen, dem hold die Sonne lächelte, vor dies sich ab und an wohltuend Wolken Schatten spendend schoben.
Dem vorausziehenden Fanfarenzug schlossen sich die Fahnenträger des Männergesangverein Liederkranzes mit den historischen Bannern der beiden Gesangvereine an. Zu sehen waren dabei auch die Fragmente der ersten Fahne aus dem Jahre 1858. Den Reihen der Sänger schlossen sich die Kutschen des Festpräsidenten und der Ehrenmitglieder an.
Ratschlagende Turnerinnen, auf den Händen gehende Nachwuchsturner und als Römerinnen gewandtete Jugendriegen des Turnvereins reihten sich in den Torso ein. Mit all seinen Jugendabteilungen und Seniorenmannschaften erwies der Fußballverein dem Jubilar die Ehre. Hinter ihren „Däfelesking“ versammelten sich die Mitglieder der Kolpingsfamilie, Carnevals Club, Obst- und Gartenbauverein, Freiwilligen Feuerwehr, des Tischtennisclub, Schützenverein, Reit- und Rennverein, Tennis-Club, Musikverein und Kleintierzuchtverein um an den vier Umzugsstationen abgeholt zu werden. Am Hirtenbrunnen übernahm der Musikverein das musikalische Kommando über die zweite Hälfte der Geburtstagskarawane. Von Auswärts nahmen die Sängerfreunde aus Hügelsheim, Ottersdorf, Plittersdorf und Vormberg teil. Mit dem Einmarsch der Fahnenträger in das proppevolle Festzelt endete der Umzug im großen Finale. Mit hervorragaender Musik unterhielten der Musikverein und der Fanfarenzug die Aberhunderte von Zuhörern in Festzelt, Cafe und Biergarten.
Showabend der Iffezheimer Vereine
Mit dem Highlight des Showabends der Iffezheimer Vereine klang das dreitägige Geburtstagsfest des Männergesangverein Liederkranz in familiärer Atmosphäre aus. Akteuer aus zehn Vereinen hatten kräftig geübt, um den unvergesslichen Abend zu gestelten.
Den Auftakt bildete wie so oft der Fanfarenzug mit dem Iffzer Lied. Die erste Shownummer des Abends, durch den Meingold Merkel führte, gehörte den SängerInnen der Kolpingsfamilie die Zeltlagerfeueratmosphäre unter dem Hallendach verbreiteten.
Seine großen Auftritt als Diva hatte der Musikvereinsvorsitzende Manfred Burkard mit Bizets "Habanera" aus Carmen, das er zusammen mit den MVI-Sockensingers darbrachte.
Daß auch in heutiger Zeit noch Märchen wahr werden, zeigten die Angelkameraden mit ihrer Erzählung um den altledigen Anglerkameraden (Anglervorstand Friedhelm Schneider), dem im Beisen seiner Kameraden der Fang für's Leben gelingt: Eine Wassernixe! Um jene vom Fischschwanz zu befreien und zu ehelichen, mußte er den Saal zum Singen und Klingen bringen, was ihm auch spielend gelang.
Im Klassiker aus der Sesamstraße duduten weder rosa Kühe noch manamanate das Tier, nein, die Obst- und Gartenbauer schlüpften in beengende Mülltonnen, um das Publikum mit diesem Ohrwurm zu begeistern.
Das große musikalische Familienquiz um Flora und Fauna präsentierte die Initiativgruppe Naturschutz Iffezheim. Mit kräftiger Unterstützung durch das Publikumgelang des den beiden Kandidatenpaaren, die Tier- und Pflanzenamen aus den Liedern zu picken.
Frenetisch gefeiert wurde die erste Damenriege des Turnvereins, die zu Dirty Dancing eine flotte Sohle auf die Bühne legte und mit zahllosen Sprüngen ihr akrobatisches Können unter Beweis stellte.
Genauso begeistert waren die Zuschauer von den Brüdern und Schwestern des Tischtennisclubs, die in gewagter Vor-, Rück- und Seitenlage als Sister Act agierten.
Kaum zu halten warn die weiblichen Zuschauer beim Auftritt der Kleintierzüchter. Legten doch drei der "Hasebogger" einen veritablen Liebestöter-Stripp hin, der die Halle zum Kochen brachte.
Mit kleinen Schritten näherte sich das Finale des Showabends, als die sieben Zwerge des Fußballvereins durch die lange Zeltgasse marschierten. Auf der Bühne entpuppten sie sich als gut eingespielter Männerchor, der dem Jubilar zwei Geburtagsständchen darbrachte.
Zum Dank und zur Ehre Gottes
Mit einer Gedenkmesse ehrten die Sänger des Männergesangverein-Liederkranz 1857 Iffzheim ihre verstorbenen Sangesbrüdern. Mit der damals revolutionär in der Landessprache gehaltenen „Deutschen Messe“ von Franz Schubert umrahmten die Männer den ökumenischen Gottesdienst. Nach dem Gottesdienst marschierten die Sänger zum Friedhof um dort einen Kranz zum Andenken an die Verstorbenen niederzulegen, ohne die der Chor heuer nicht sein Jubiläum feiern könnte, wie der Vorsitzende Karlheinz Schäfer hervorhob.
Gott zum Dank und dem Allmächtigen Ehr erhoben die Sänger zur Freude der Gottesdienstbesucher ihr Stimmen für das Auftragswerks des Dichters Johann Phillip Neumann, der in seinem Bogen vom Ersten Buch Moses bis zum Neuen Bund des Neuen Testamentes die wichtigsten Stationen der christlichen Heilslehre thematisiert und diese mit den Sorgen und Nöten der Menschen verknüpft.
Dies wurde bereits im Eingangslied deutlich, als der Chor der zögerlich-ängstlichen Frage „Wohin soll ich mich wenden, wenn Gram und Schmerz mich drücken?“ sein erlösendes „Zu Dir, oh Vater“ entgegenschleuderte.
Die eingängigen Tonfolgen der diatonischen Melodik setzten sich im „Gloria“ fort, in dem verwundert und doch voller Freude der Männerchor den himmlischen Heerscharen des Lukas-Evangeliums gleich die „Ehre Gottes in der Höhe“ pries.
In dem homophon gesetzten Auftragswerk übernahm der erste Tenor in gewohnter Präzision die Melodieführung. Im „Credo“ führte der Chor die Gemeinde in die Genesis zurück und pries den Schöpfer der Welt. Der Dank der Sänger an den Schöpfer kulminierte zum Offertorium (Du gabst, oh Herr, mir Sein und Leben), das in seiner unnachahmlichen Anziehungskraft einer vertonten Weihnachtskarte gleich kommt.
Die Deutsche Messe wäre nicht von Schubert, jonglierte der Meister des Kunstliedes nicht mit Piano- und Fortezyklen, anschwellenden Tonsilben und Oktavsrpüngen, welche von Chorleiter Herbert Szymanski feinst akzentuiert herausgearbeitet wurden und den Sängern höchste Konzentration abverlangten. Diese Klippen wurden wie im „Sanctus“ hervorragend gemeistert: Im Pianissimo, das „Heilig“ hauchend, beginnend, dann abrupt das Kirchenschiff sprengend ins Fortissimo wechselnd, pries der stimmgewaltige Chor die Größe und Erhabenheit Gottes.
Zum Abschluß des Gottesdienstes intonierte der Männergesangverein Liederkranz die Hymne „Die Himmel rühmen“ bei der es Ludwig van Beethovens vollendet verstand, Deklamation und Akzentuation des Gedichtes von Christian Fürchtegott Gellert nachzuzeichnen. Nach dem furiosen Auftakt wechselte die Melodie in den ersten Tenor, der ostinat orgelgleich von den anderen Stimmen in feinst ausgebildeter Dynamik unterstützt wurde. Dabei erzeugte der Chor unter der exakten Stabführung von Herbert Szymanski eine schier unerträgliche Spannung, die sich in der von den Herren majestätisch in das Kirchenschiff geschmetterten unisonen „Ehre Gottes in der Natur“ entlud und dabei die Gottesdienstbesucher tief in ihrem Innern berührte. Vielen füllten sich dabei die Augen mit Tränen der Rührung und bestätigten damit den Rezensenten der Leipziger „Allgemeinen musikalischen Zeitung“, der schon vor 200 Jahren festhielt: Wer durch [diese] Musik, wie vornehmlich von der Stelle an: <Wer trägt der Himmel unzählbare Sterne> bis zu Ende, nicht bewegt wird, der wird schwerlich durch eine Musik [...] bewegt werden.“.
Sängerlinde zum Jubiläumsabschluß
„Am Brunnen vor dem Tore, da steht ein Lindenbaum“ tönte es am Samstag Nachmittag durch das Renndorf. Der Lindenbaum steht seit dem Wochenende zwar nicht vor dem Tore, sondern auf dem Parkplatz neben dem Bauhof, aber die Sänger des Männergesangverein - Liederkranz 1857 Iffezheim ließen es sich bei ihren letzten offiziellen Termin des Jubeljahres nicht nehmen, das alte Volkslied beim Pflanzen der „Sängerlinde“ zum Besten zu geben. Mit dieser Linde wolle der Gesangverein ein sichtbares Zeichen für die großzügige Hilfe und die sehr gute Zusammenarbeit mit den anderen Iffezheimer Vereinen während des Jubiläumsjahres setzen, erläuterte Sängervorstand Karlheinz Schäfer. Statt später im Schranke verstaubende Erinnerungsplaketten auszuteilen, habe sich der Verein für diese Geste entschieden. Einen besonderen Dank entbot Schäfer der Initiativgruppe Naturschutz Iffezheim, die sich mit einer großzügigen Spende an dem stattlichen Setzling beteiligt hatte. Wie schon das ganze Festjahr über strahlte die Sonne bei der Abschlußveranstaltung mit den Sängern um die Wette.